Bislang erhalten Witwen lebenslang eine Rente, auch wenn sie keine unterhaltsberechtigten Kinder haben. Witwer hingegen bekommen diese Rente nur, bis das jüngste Kind die Volljährigkeit erreicht hat. Die vom Bundesrat angeregte Reform der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) sieht nun vor, dass diese lebenslange Rente für Witwen zukünftig gestrichen wird. Witwen UND Witwer sollen künftig bis zum 25. Altersjahr des jüngsten Kindes eine Rente erhalten. Somit werden hier Mütter und Väter, respektive Mann und Frau gleichgestellt und die AHV wird finanziell entlastet. Gleichwohl haben diese Absichten zu hitzigen Diskussionen geführt.
Als Frau und Mutter empfinde ich die Abschaffung der lebenslangen AHV-Rente für Witwen als Akt der Fairness. Es widerstrebt mir, dass Frauen nur dann Gleichberechtigung fordern, wenn es ihnen Vorteile bringt. Nach meinem Verständnis bedeutet Gleichberechtigung gleiches Recht für alle – und das beinhaltet sowohl Nehmen wie Geben.
Das klassische Familienmodell, bei dem die Frau vollumfänglich für Kinder und Haushalt sorgt und der Mann ausschliesslich für das Einkommen, ist grossmehrheitlich überholt. Der Grossteil der Frauen verfügt heute über eine hervorragende Bildung und ist Teilzeit oder zu 100 % berufstätig. Die Erziehung von Kindern sowie die Arbeiten im Haushalt werden zwischen Frau und Mann geteilt. Dementsprechend angezeigt ist auch die Anpassung der AHV-Renten-Regelung.
Nach dem Lehrabschluss oder dem Hochschulabschluss treten die Kinder in den Arbeitsprozess ein. Spätestens zu diesem Zeitpunkt steht es Männern und Frauen frei, sich beruflich nach eigenem Wunsch zu verwirklichen. Stirbt nun ein Partner, gibt es keinen Grund, die Witwe oder den Witwer nach Geschlecht unterschiedlich zu behandeln. Genau dies sieht aber die aktuelle Gesetzgebung vor. Während Frauen eine lebenslange Witwenrente zukommt, steht diese Männer nur zeitlich begrenzt zur Verfügung. Die Zeit ist reif für eine Gleichbehandlung der Geschlechter.
Die Reform der AHV stellt einen bedeutenden Schritt in Richtung Gleichberechtigung dar. Sie berücksichtigt das Verständnis der modernen Frau und Mutter, dass alte Muster durchbrochen werden sollen und sich die Gesetzgebung den Lebensrealitäten anpasst. Gespannt verfolge ich nun die Verhandlungen zum Thema im Parlament und hoffe, sie führen zu einer gerechten und zukunftsfähigen AHV für uns alle.